Mit Jonas Stallmeister
Ich bin empört: Jonas Stallmeister ist käuflich!
Lassen wir political correctness bei Seite, Jonas Stallmeister ist käuflich. So ein Vorwurf ist schwerwiegend, das ist mir wohl bewusst und in Zeiten von Fake-News und Alternative-Facts sollte ich es besser wissen.
Aber ich weiss es besser, Jonas Stallmeister ist käuflich und ich kann es beweisen!
Quelle: #Internet
Unter der sehr “glaubwürdigen” URL
lässt sich Jonas verkaufen.
Beweisstück #1
Da steht es ganz klar, direkt im Internet.
Inhaber Jonas Stallmeister.
Was im Internet steht muss stimmen. Immer noch nicht überzeugt?
Beweisstück #2
Bilder lügen nicht, sage ich doch, Jonas ist käuflich!
Hier ist das Ding, was ich nicht verstehe:
Alle sparen am Design. Startups rennen App Entwickler hinterher, gehen auf ihre hohen Tagessätze ein und produzieren extrem komplizierte User Interaktionen. CEOs entwerfen die Unternehmenslogos selbst und CTOs bauen die Webseiten selbst. Blasse Grafiken und vollgetextete Seiten.
Moment! Ich wollte das political correctness abstellen. Ich korrigiere mich:
Hässliche Grafiken und zugemüllte Webseiten!
So ist es besser!
Wenn Designer doch für einen möglichen Auftrag angesprochen werden ist die Kommunikation herablassend. Es soll ja nur eine einfache bunte Grafik sein, was wäre schon dabei denkt sich der, der den nächsten Elon Musk werden möchte, und er besteht darauf, es darf nicht viel kosten.
Die Anfrage nach billigem Design ist so groß, dass sich daraus ein erfolgreicher Marktplatz entwickelt hat. So bewirbt sich Fiverr, SEO optimiert:
<meta name=”description” content=”Fiverr is the world's largest freelance services marketplace for lean entrepreneurs to focus on growth & create a successful business at affordable costs”>
$5 Logos also sind die Lösung für lean entrepreneurs, die sich eher um das Wachstum kümmern wollen; Design kostet doch nur unnötig Geld. Während Jonas sich freiwillig verkauft, betreibt Fiverr eine digitale Sklaverei.
Why Fiverr (mostly) sucks and you should avoid it at all costs
Fiverr is a popular marketplace for all sorts of digital services. Whether you need a website, an article, an image or…wploop.com
Wie kommt also ein kluger Kopf wie Jonas dazu sich so bloß zu stellen, wohl wissend, dass die, die am meisten Design bräuchten, zu geizig sind für Design zu zahlen?
Ich könnte Jonas als Rechthaber in die Einkaufstüte stellen und ihn für die Antworten bezahlen, aber dazu bin ich zu geizig.
Es gibt viele Definitionen von Design, aber drei Prinzipien scheinen sich immer wieder zu bestätigen. Indem ich mich mit ihnen beschäftige hoffe ich Jonas besser zu verstehen.
Form Follows Function
Ausgerechnet der heilige Gral aller Designprinzipien hat hunderte von Interpretationen und Gegenpositionen. Wendet man allerdings form follows function auf form follows function an, kommt man zu der Steve Jobs Interpretation:
“Most people make the mistake of thinking design is what it looks like. People think it’s this veneer — that the designers are handed this box and told, ‘Make it look good!’ That’s not what we think design is. It’s not just what it looks like and feels like. Design is how it works.” — Steve Jobs
Wie auch immer man fff interpretiert, die Kernaussage ist, dass Design sich nicht mit der reinen Form beschäftigt, sondern dass es zum Design gehört, dass man versteht, worum es eigentlich geht.
Hier ist auch die Stelle, an der die ersten Konflikte in der Kommunikation zwischen dem Auftraggeber und dem Designer entstehen. Am Anfang ihrer Unternehmung können viele Gründer ihr Produkt oder Dienstleistung gar nicht erklären. Alles was sie wollen ist ein Plakat, das die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Es ist weniger das D in Design, was für sie die Rolle spielt, als das A in AIDA. Ein Werbewirkungsprinzip, bei dem das A für Aufmerksamkeit steht. Der Designer wird missbraucht, um dafür zu sorgen, dass das Produkt auffällt. Kein Wunder, dass es schnell und günstig gehen soll, wenn alles was man vom Designer erwartet sich auf Klamauk reduzieren lässt. Der Designer weigert sich sich als Aufmerksamkeitshure zu verkaufen. Dann lieber als Lotse versuchen sich an die Funktion hinzuarbeiten.
God is in the Details
Ein Zitat, das man oft mit dem vergötterten Architekten Ludwig Mies van der Rohe in Verbindung bringt, verdeutlicht woran ein Designer eher seine Aufmerksamkeit widmet; auf die Details.
Es gibt viele Formulierungen und Antithesen von God is in the Details, z.B. the good God is in the detail oder Devil is in the Details oder wenn man ganz auf religiöse Terminologie verzichten will, zitiert man den von Physikern vergötterten Richard Feynman:
Nobody ever figures out what life is all about, and it doesn’t matter. Explore the world. Nearly everything is really interesting if you go into it deeply enough.
Die Formulierung, die für mich das Wesen des Zitats auf einen Nenner bringt, stammt von Data Science Community vergöttertem Andrew Gelman
God is in every leaf of every tree
whenever I work on any serious problem in a serious way, I find myself quickly thrust to the boundaries of what existing statistical methods can do. ... I could give a zillion examples of times when I’ve thought, hey, a simple logistic regression (or whatever) will do the trick, and before I know it, I realize that nothing off-the-shelf will work. Not that I can always come up with a clean solution. But that’s the point–doing even a simple problem right is just about never simple.
Erst wenn sich der Designer, der Physiker, der Statistiker die Zeit nimmt, den Zusammenhang der Elemente, die ein System ausmachen zu verstehen, erkennt er nicht nur wie etwas funktioniert, er entdeckt insbesondere die Einzigartigkeit eines Phänomens, eines Produktes, einer Dienstleistung. Es ist diese Einzigartigkeit, die das wahre A für die Aufmerksamkeit erfüllt, auf einer zeitlosen Art, die sich abhebt vom Kitsch. Kein wunder, wenn Designer sich weigern Standard Templates zu verwenden. Dann lieber sich als Zweifler und Weltverbesserer verkaufen.
Less is more
Ist das Prinzip, bei dem Jonas fast jede Frage ausgelassen hat, die nicht explizit als Pflichtfrage markiert war. Ja, wir haben Jonas paar Fragen gestellt:
Seit wann wohnst Du in FFM?
Dieses Mal seit September 2012. Die Stadt in meinem Leben war Frankfurt schon immer.
Wo kaufst Du ein?
REWE, Alnatura, Stern Kaffee, Novum Gemüseabo
In welchen Vierteln bewegst Du dich hauptsächlich?
Bockenheim, Hausen, Rödelheim, Bahnhofsviertel
Lieblingskneipe — bzw. Café?
An der Mittwochabend-Jamsession im Jazzkeller hängen so viele Erinnerungen. Stattcafé ist schön locker. Café Karin, wenn es Goldrand sein soll.
Wie bewegst Du dich innerhalb Frankfurts?
Zur Arbeit U-Bahn oder Fahrrad. Zum Einkaufen zu Fuß, manchmal erinnere ich mich auch wo wir das Auto geparkt hatten.
Was magst du an FFM?
Die Weide im Grüneburgpark. Nachts von Süden im Hauptbahnhof einfahren, vorbei am gothamesken Heizkraftwerk West. Die Eschersheimer Landstraße mit den eingeschossigen Läden vor den Fünfziger-Jahre-Blöcken. Die Nidda von Höchst bis zum Frankfurter Berg. Das anachronistische Dach des Hauptbahnhofs. Samosas. Die Waldkiefern im Stadtwald.
Was würdest Du an FFM gerne ändern?
Kleinteilige, chaotischere, soziale gemischte Viertel statt geschlossener Monokultur-Quartiere.
Grüne Soße: Mit oder ohne Mayo?
Deine Mudda macht Grüne Soße mit Mayo!
Sauer- oder Süßgespritzter?
Milchkaffee. Ich … *schaut sich gehetzt um* … ich mag keinen Äpfelwein.
Bitte vervollständige folgenden Satz: „In Frankfurt sollte es…“
fahrscheinlosen Nahverkehr geben. Da schließe ich Leihwagen und -Räder mit ein.
Nenne uns zwei Personen, die wir unbedingt befragen sollten
meine Büronachbarin Filiz Dindin von Carrascal Dindin, und Roswitha Busch vom Surftreff Auguste und der Tafel Frankfurt
Jonas ist sehr konsistent seine Prinzipien hochzuhalten, so sehr, dass er sich in eine Einkaufstüte stecken würde, um sie zu verteidigen. Wer mehr über Jonas und seine Vorstellungen vom Design erfahren möchte, dem empfehle ich seinen Vortrag bei Webmontag.