Mit Jörn Menninger
Zum Coverbild: Jörn Menninger spricht und das „who is who“ ist aufmerksam zuhörend vertreten. Nicht nur die Lokalhelden Dr. Yassin Hankir von Savedroid und René Maudrich von FastBill kommen zum Event, sondern auch der Number26 Gründer Maximilian Tayenthal reist aus Berlin in die Deutsche FinTech Hauptstadt Frankfurt am Main.
Doch die meiste Zeit lässt Jörn seine Gäste sprechen und hört selbst schweigend zu. Gemeinsam mit Kirill Bauer (Rechts auf dem Coverbild) haben die Moderatoren einen Podcast in die Welt gerufen. Startupradio.de, wie es sich aus dem Namen ableiten lässt, ist mittlerweile mehr als ein Podcast für Gründer und Interessierte. Innerhalb der letzten drei Jahren sind mehr als 120 Aufnahmen in Form von Interviews, Event-Reports, News und Pitches zustande gekommen, die alle der Community frei zur Verfügung stehen. In den letzten 12 Monaten wurden sie über 100.000 mal heruntergeladen.
Die digitale Berichterstattung über die Technologie Startup Szene erstickt in Buzzwords. FinTech, InsurTech, Proptech, RegTech, Lawtech ganz zu schweigen von Crowdfinancing, Crowdsourcing, CrowdInvesting, Crowdfunding, Crowdrating. Es gibt Microfinance, Social Banking und wenn die Argumente fehlen heisst es: am Ende werden es Cryptocurrency und Blockchain richten. So viel zu den virtuellen Finanzgütern. Die physische Güter sind mit HealthTech, MedTech, BioTech, die Wearables mit FashionTech und Smart Devices, die Liegenschaften mit Smart Homes und Smart Buildings im Trend und natürlich die mobilen selbstfahrende Autos, Droids und die Bots. Mein Smartphone habe ich schon fast wieder vergessen, klar dass dann viele wieder denken Apple wäre am Ende.
“It’s a Noisy World” hat Steve Jobs mal gesagt, als er über Werte und Marketing sprach. Jeder, der in der digitalen Kultur und der digitalen Ökonomie seinen Beitrag leistet, ist gut beraten sich die Frage zu stellen:
Trage ich zum Lärm bei oder biete ich einen Mehrwert, sorge ich für mehr Klarheit?
Keine einfache Aufgabe Jörn und Startupradio danach zu beurteilen, wenn alle auf dem ersten Blick sich der gleichen Schlagworte bedienen und die üblichen Verdächtige befragen. Der Wirtschaftsnobelpreisträger George A. Akerlof spricht in diesem Zusammenhang vom Zitronenproblem. Die Eigenschaften der Zitrone, die ihr Geschmack und Qualität ausmachen sind durch den Blick von außen nicht sichtbar. Sie sind hidden characteristics (verborgene Eigenschaften).
Ankunft InsurTech
Buzzword Bingo Time sage ich mir und los geht’s. Es klärt sich gleich in den ersten Minuten, dass alle InsurTechs im Prinzip Versicherungsmakler sind, so sagt der Hipster in der Jogginghose. Hah, erwischt, denke ich mir: Alles nur Makler, die sich hinter dem Hashtag verstecken. Billige Schadenfreude, nur um im nächsten Moment mich schämend sagen hören: Shibboleth!
Das muss ich erklären. Haltet durch, es wird kurzweilig trocken ;-)
Bei allem USP Marketing, die StartUps betreiben um sich in der Szene zu differenzieren und somit unser Vokabular bereichern, gibt es in erster Linie nur zwei Hauptarten von FinTechs. Grundsätzlich gibts es zwei Kernaufgaben in der Finanzwirtschaft. Einerseits liegt der Fokus auf die Transaktionen mit den Kunden: Wie gewinne ich neue Kunden, wie pflege ich das Vertrauensverhätlnis mit Bestandskunden, wie vereinfache ich die Prozesse, die meinen Kunden Zeit und Nerv kosten. Jeder technologische Fortschritt bietet neue Möglichkeinen für Innovation im Transkationsgeschäft. Es gibt eigentlich keinen Grund für die Kunden die Prozesse nicht zu vereinfachen. Es gibt keine Entschuldigung den Kunden nicht Zeit zu sparen. Es gibt keine Legitimation den Kunden nicht die Produktivität in Form von Preisreduzierung weiterzugeben. Hier haben die große Institutionen sowohl die Banken als auch die Versicherer den Fortschritt verschlafen und in dem Markt große Lücken hinterlassen. Mehr als fällig, dass Neugründer in die Märkte eindrängen und sie haben es nicht nötig sich vorwerfen zu lassen, sie wären “keine echten Finanzunternehmen”. Ihre Arbeit mit Fokus auf Transaktionsgeschäft ist wertvoll, wenn sie von den Kunden angenommen wird, und nur das zählt.
Bei der zweiten Kernaufgabe geht es um die Magie; die intertemporale Finanzierung. Beim Sparen z.B. sind wir bereit Konsumentscheidungen von heute auf morgen zu übertragen, aber es gibt keine Garantie wie die Kaufkraft des Kapitals erhalten werden kann. Keine Gewissheit, was morgen passiert, keinen sicheren Schutz vor u.a. Naturkatastrophen, Unfällen, Pleiten, Terror und dem Tod. Die Überbrückung der Zeit ist der Heilige Gral von Finanzinstitutionen und diese Funktion ist ein Risikogeschäft. Die Prozesse sind kompliziert, weil es keine einfachen Antworten gibt. Die Prozesse sind überreguliert, weil niemand wirklich weiss, welche Maßnahmen die Menschen in Zukunft schützen würden. Was wir können, sind Risikoabwägungen. Finanzmathematische Modelle, die sich aus Lehren der Vergangenheit und aus Zukunftsprognosen bilden. Wenn Prozesse erst mal stehen und Regulatorien erst mal in Kraft treten, heisst es: never change a running System. Kein gewissenhafter Entscheidungträger wird sich hinstellen und sagen, dass er die Zukunft besser kennt.
Es gehört zu den hidden characteristics der Finanzindustrie zu wissen, dass die Kommunikation beider Prozesse nach außen sich aus Prinzip nicht vermischen lässt. Transaktionsgeschäfte schliesst man ab, indem man beim Kunden vertrauen schafft. Es wird viel versprochen, weil der Kunde die Gewissheit haben will, dass “in Zukunft alles gut wird”. Doch eine politisch populistische oder geschäftlich opportunistische Antwort, die dem Kunden zu viel verspricht, fliegt spätestens nach der nächsten Krise auf. Als Folge entsteht Mistrauen.
Wenn Dominik Groenen Gründer von Massup behauptet wir seien hier alle Versicherungsmakler, und wenn in der Runde auch noch klargestellt wird, dass kaum ein InsurTech in Deutschland sich leisten kann an Allianz vorbeizugehen dann ist das für mich die verborgene Information, die mir aufzeigt, dass in der Runde kompetente Leute sitzen, die ihr Geschäft verstehen. Mutig distanziert sich Groenen von einem falschen Bild der Branche und gewinnt meinen Respekt, Sekunden nach dem ich ihn vorverurteilte. Alle in der Runde betreiben in erster Linie Transaktionsgeschäfte im Versicherungssektor, um die intertemporale finanzmathematische Fragen kümmern sich die bekannten Unternehmen wie Allianz oder Axa. Wie es sich später im Gespräch herausstellen wird, ist das schon schwer genug. Aus eigener Erfahrung weiss ich wie sehr die Qualität einer Veranstaltung von pre-Event Entscheidungen abhängt und die wichtigste Entscheidung ist es die richtigen Gäste einzuladen. Ich rechne die Wahl der Gäste Startupradio hoch an.
Dass die Gäste wissen, dass sie in eine Runde kommen, in der Substanz zählt und nicht das Auftreten, ist ein weiteres Zeichen von Qualität. Indem Jörn sich nicht einmischt, dass er gerne die Diskussionen laufen lässt, wie er selbst das auch so sagt, lässt er zu, dass die Runde sich öffnet, dass die Gäste preisgeben was sie können und wofür sie stehen. So verfolgte ich den Rest des Gespräches mit großem Interesse und lernte warum InsurTech als eigene Kategorie Sinn macht. Ich habe eine Stunde meiner Zeit dem Gespräch gewidmet und wurde mit mehr Wissen und mehr Klarheit belohnt. Bildung, eine intertemporale Aufgabe, die Jörn sehr gut gelang.
Wer ist Jörn Menninger?
Geboren in Mainz aufgewachsen in Alzey, Studium von BWL und Finanzen in Trier, Peking und Wichita Falls (Texas, USA). Praktikum in Peking für ein gemeinsames Umweltprogramm der deutschen und chinesischen Regierung, Senior Consultant bei Deloitte, davor BearingPoint, davor McKinsey. Mehrfacher Founder. Spricht Deutsch, Englisch, Spanisch und Chinesisch. Genug zum C.V.; wir haben Jörn paar persönlichere Fragen gestellt:
Seit wann wohnst Du in FFM?
Ich bin nach dem Studium 2008 für meinen Job nach Frankfurt gezogen. Ursprünglich komme ich aus der Nähe von Mainz und daher ist es nicht ganz so weit für mich gewesen.
Wo wohnst du?
Ich bin im letzten Jahr nach Rödelheim gezogen, wo es mir sehr gut gefällt. Ich mag die Nidda und den Brentano-Park, sowie den Bäcker, Metzger und Restaurants in meiner unmittelbaren Nachbarschaft.
Mit welcher Frankfurter Persönlichkeit würdest du gerne mal einen Tag tauschen?
Ich würde sehr gerne einmal mit Philipp Demandt tauschen, der unter anderem das Städel leitet. Dann könnte ich Abends ganz alleine durch das Städel streifen.
Lieblingskneipe — bzw. Café?
Also es ist weder Café, noch Kneipe. Aber ich finde das Mera Masala im Sandweg super. Ich bin dort schon sehr oft.
Wie bewegst Du dich innerhalb Frankfurts?
Ich nehme gerne das Fahrrad, Mieträder oder die öffentlichen Verkehrsmittel. Ich hasse ehrlich gesagt die Parksituation in Frankfurt :-)
Was magst du an FFM?
Ich mag an FFM, dass es eine Stadt ist mit Skyline und tollen Bars. Man kann aber auch ganz schnell einmal auf dem Lohrberg oder an der Nidda, wo man sich entspannen kann. Natürlich liegt Frankfurt auch sehr zentral in Europa und mit Bus und Flieger ist man sehr schnell an ganz vielen tollen Orten.
Was würdest Du an FFM gerne ändern?
Also von mir aus hätte ich gerne weniger Baustellen (City Tunnel) bei den öffentlichen Verkehrsmitteln, obwohl ich auch verstehe, dass dort auch mal “renoviert” werden muss.
Lieblingsgetränk?
Ich bin Rheinhesse. Daher Wein, gerne ein Gewürztraminer
Sauer- oder Süßgespritzter?
Süßgespritzter natürlich. Das Leben kann ja schon sauer genug sein.
Tinder oder Oberbayern? (-;
Beides nö :-)
Wie viele Sprachen sprichst du?
Puh, gute Frage. Wie meine Zuhörer wissen spreche ich ganz gut Deutsch und Englisch. Nebenbei kann ich noch ein kleines bisschen Spanisch und ein wenig Mandarin. Auch wenn ich in beidem nicht so sonderlich gut bin und wohl einen bösen Akzent habe.
Welches Frankfurter Projekt willst du hier lobend erwähnen?
Den mobilen Kinderhospizdienst, für den ich auch schon öfter einmal Spenden gesammelt habe. Ich finde es wirklich ganz toll, was die Freiwilligen und Angestellten dort leisten, auch wenn es ein unglaublich schwerer Job bzw. Ehrenamt ist.
Nenne uns zwei Personen, die wir unbedingt befragen sollten
Mario Hachemer, der über den Gründerstammtisch und das Startup Weekend sehr viel dafür getan hat, dass es heute kleine innovative Startups in Frankfurt gibt.
Schließlich und endlich natürlich Kirill, mit dem ich zusammen schon mehr als 3 Jahre Startupradio mache.